Projekt Nr. 20
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Der Zeichnungsgenerator – Gespräch: Armin Chodzinski / H. Kater
Gespräch am 12.12.2001, Hamburg
Teil 4
Teil  1  2  3  4  5
Material:
- Ausstellungskonzept
- Rundgang durch die Ausstellung
- Die Räume von Hannes Kater
Gespräche zur Ausstellung:
Bjørn Melhus (2. Künstler)
Diana Dietz (Assistenz)
Silke Boerma (Kuratorin)
Armin Chozinski (Helfer)
Gabriele Mackert (Autorin)
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Politisches Handeln? Chodzinski: Doch, so wie das da aufgeführt wurde klar, weil es gibt natürlich schon auch die Idee, die ja auch nahe liegend ist, dass ein Ausstellungsaufbau politisches Handeln ist.

Kater: Gesellschaftliches Handeln.

Chodzinski: Nee, schon ganz klar politisches Handeln.

Kater: (stöhn) Okay. Politisches Handeln. Jaha.

Chodzinski: Und das kam da ja gar nicht vor.

Kater: Das musst du jetzt nochmal ein bißchen näher, zwei, drei Stichworte…

Chodzinski: Dass ich das überhaupt nicht – zumindest von dem, was ich da mit erlebt habe – nicht irgendwie in einer Idee von verschiedenen Lebenswelten, verschiedenen Ideen von Blick auf Gesellschaft, von Blick auf was sind eigentlich Themen, die beackert sind oder die wichtig sind, die dir wichtig sind, sich eigentlich ja nicht wirklich in so einen Dialog gestellt haben mit den Leuten, die da Aufsicht machen, die da Hausmeistertätigkeiten haben, der Vorsitzender ist, der die Kuratorin ist, sondern dass das eigentlich eher so ein Punkt ist, dass diese Verhandlungen – so wie ich das zumindest wahrgenommen oder bzw. so glaube wie du das erzählt hast, wie ich das dann verstanden habe – eher so eine Sache ist, die im Vorfeld stattfand und dann dort drin einfach so eine klassische Aufbausituation war, die sich in so einer Spezialistenrunde eher abspielte.
   Da ging es dann wirklich um Bildproduktion und nicht um soziale Interaktionen mit Leuten, die dort sind oder so, da gibt es ja ganz verschiedene Sachen. Wenn du jetzt z.B. diese Zeichnungen an eine Wand ballerst, die da so eine sexuelle Mythologie entwickeln, dann wäre das ja auch ein Anlass, damit eine Interaktion zu machen, also mit den Leuten, die da sind und nicht mit den Leuten, die irgendwann imaginäre Besucher sind oder die Kuratoren sind oder die irgendwie Vorsitzende sind, sondern die Hausmeister sind oder die anders an diesem Produktionsprozess teilhaben lassen, da gibt es ja eine ganz andere Möglichkeit oder auch eine ganz andere Geschichte von Auffassung, was denn so eine Ausstellung ist. Was es denn heißt, so eine Wand aufzuschneiden – was da ja passiert ist – was das für die Leute bedeutet, was das an Arbeit für die anschließend bedeutet, ob das was bedeutet, da gibt es ja vielfältige Möglichkeiten und das auch schon richtig als Prozess auch sichtbar zu machen, der dann nur eigentlich auf eine klassische oder auf eine mittlerweile klassisch gewordene Art…

Kater: Aber das ist doch eine künstlerische Position, das ist doch nicht zwingend, dass man das macht, ich meine, das wäre ja genau so, als wenn du in eine Ausstellung gehst, wo gegenständliche Malerei ist und da meinst, ja aber Malerei ist irgendwie immer rote monochrome Felder.

Chodzinski: Ja, nee, klar. Das ist eine Auffassung und die, die du hattest, war eine andere Auffassung und die habe ich aber – jetzt so aus meiner Sichtweise auf Ausstellungstätigkeit – fand ich das… ja es ist eine Position, die man machen kann, die ich aber dann im Endeffekt besser woanders verortet finde.

Kater: Stell dir vor, du bist Betreiber eines Ausstellungsortes und du machst irgendwie acht Ausstellungen im Jahr und du machst das zehn Jahre und jeder zweite Künstler thematisiert dich und den Ausstellungsort, das ist doch total trostlos.

Chodzinski: Das ist super, was besseres kann einem ja nicht passieren.

Kater: Das ist doch absolut trostlos. „Ach der Hausmeister, was sagen sie denn dazu?“ uäh, das ist doch grausam. Ich meine, wozu lädt man denn andere Leute ein.

Chodzinski: Wenn das im Endeffekt dann irgendwann vernetzt alles miteinander interagiert, ist das doch das Schönste, was es gibt, dann ist es ja wirklich ein Labor.

Kater: Nee, aah, dann sind wir doch aber an dem Punkt, dass vernetzen und Interagieren und so, also ich habe das fast noch nie mehr als Andeutung, als Sehnsucht formuliert. Und die Sehnsucht des Kontaktes mit dem Hausmeister auszustellen, das finde ich nun richtig Kacke, aber ehrlich. „Ja und dann kam der Hausmeister vorbei und dann haben wir den mal kurz interviewt und dann hat der das und das gesagt“, das ist doch keine Vernetzung, das ist einmal genauso ein Benutzen von den Leuten, das ist auch ein Vorführen nach einer Sehnsucht, also da bin ich extrem negativ eingestellt.
Ernsthaft ist das, wenn man dann da bleibt und mit den Leuten wirklich was macht und so, aber dann mal während eines Ausstellungsaufbaus mit den Leuten schnacken und das irgendwie einfließen lassen, finde ich ziemlich grausam.

Chodzinski: Nee, das muss ja gar nicht einfließen, kann ja auch was anderes bei rauskommen. Die Frage ist ja nur, wohin adressiert sich so was wie eine Mitteilung, an wen adressiert sie sich und wo fängt sie an. Fängt sie an nach der Eröffnung oder fängt sie nicht ab dem Moment an, wo ich so einen Raum betrete, so eine Institution betrete.

Kater: Ich meine, es gab ja schon die Auseinandersetzung mit dem Rolf Risse, dem Aufbauleiter, und seinen Leuten und der Silke Boerma.

Chodzinski: Wie gesagt, das kann ich ja nicht beurteilen, ich war ja nicht die Zeit lang da. Nur für mich wirkte das eher so, als wenn das in einem anderen Zusammenhang besser oder präziser gewesen wäre, Und der Zusammenhang wäre sicher so was gewesen wie… ja, deshalb finde ich ja grundsätzlich diese Idee mit dem Huber-Haus richtig, richtiger. Das finde ich einen besseren Ort. Präziseren Ort, deiner Arbeit adäquateren Ort.


Chodzinskis Rolle Kater: Ich will nochmal auf dieses dreimal Kommen, ist da noch irgendwie ein Erzählpotential? Oder eher nicht. Wie weit glaubst du denn, dass dein Kommen da eingeflossen ist in das Endergebnis? Warst du da wichtig? Ich meine, du hast ja auch irgendwann mal gesagt, du hast das Gefühl, du bremst eher, weil du irgendwie auch nicht gut drauf warst oder so.

Chodzinski: Ähm… Also das kann ich nur völlig distanzlos, subjektiv beantworten. Ich glaube, dass meine Funktion da war… – und das klingt merkwürdig, weil ich das eigentlich nicht beurteilen kann, deshalb ist es eigentlich auch nur ein Gefühl so – aber meine Funktion war eigentlich, die Zusammenarbeit zwischen dir und Diana produktiver zu machen.

Kater: (lacht) Beim zweiten Mal, war sie ja da.

Chodzinski: Auch beim ersten Mal schon. Da war sie noch gar nicht da.

Kater: Dann hast du das sozusagen vorbereitet. Oder dadurch, dass du da warst, ist die Zusammenarbeit mit Diana anschließend anders gewesen, als wenn du nicht da gewesen wärest.

Chodzinski: Ja. Ja. Und dadurch, wie ich mich dadrin beim ersten Mal verhalten habe, glaube ich, hat das die Zusammenarbeit mit Diana, weil ich das Gefühl hatte, dass sie natürlich auch so gewisse Wünsche dann auch produziert hat von dir, also was du verhandeln willst, dass das in dem Bezug gut war, dass ich da war, weil das …

Kater: ... dann anschließend präziser war…

Chodzinski: ... präziser mit Diana war.

Kater: Das kann gut sein! Das ist, glaube ich, richtig.

Chodzinski: Das sehe ich eigentlich als meine Funktion da, also sonst hatte ich da, glaube ich, keine Funktion.

Kater: Das halte ich für eine Untertreibung.


Vor Ort arbeiten Kater: Was mich interessieren würde, hast du den Eindruck gehabt, dass ich da sozusagen mit einem relativ fertigen Konzept reingegangen bin?

Chodzinski: Nee.

Kater: "Nee". Da würde mich jetzt auch nochmal unter dem Aspekt des Ausstellens interessieren, findest du das sozusagen nicht typisch oder richtig für einen Ausstellenden? Mit einem nicht fertigen Konzept, also mit einer Geschichte, die sich dann vor Ort dann halt auch mit den Begrenzungen, die das natürlich hat –man kann natürlich für so große Räume nicht megamäßig was entwickeln, wenn man nur zwei Wochen Zeit hat- also da würde mich noch was interessieren.

Chodzinski: Ja, aber da kann ich ja auch nur larmoyant sagen, ich mache das genauso und ich finde das total scheiße.

Kater: Also du meinst, eigentlich wäre es dann angemessener, man hat meinetwegen zwei Großplastiken und drei tolle Lamda-Prints, die fertig da sind, und die karrt man dahin und stellt sie auf und das ist dann eine Ausstellung. Oder man hat Großdinger fertig und inszeniert die dann nochmal vor Ort.

Chodzinski: Nee, da geht es gar nicht um Großdinger, da geht es einfach nur um eine feste, um eine klare Idee, was denn das da ist. Und da geht es viel mehr um dieses Sache, zu wissen, was da passiert und was das ist, was da passiert. Auch wenn ich das selber genauso, hier in Hamburg wieder genau unter dem Aspekt gescheitert bin, aber mich kotzt diese plein-air-Mentalität im Ausstellungszusammenhang mittlerweile extrem an. Ich finde das furchtbar.

Kater: Also vor Ort was zu entwickeln.

Chodzinski: Ja. Weil ich glaube, es hat überhaupt keine Qualität für das, was anschließend bei rauskommt. Und es hat nur eine soziale Qualität mit sich selber, gewisse Sachen auszuhalten. Und ich glaube, es hat immer den Nachteil, dass man gewisse Dinge nicht entlässt und ihnen also nicht vertraut. Und es hat immer diese total merkwürdige Idee des sich Erschöpfens und des sich aus sozialen Bedingungen Heraushaltens, weil man dann natürlich ein wunderschönes Argument hat, warum man sich raushalten kann, weil man nämlich noch was zu tun hat. Also, sitze ich im Glashaus und werfe mit Steinen, aber…

Kater: Nur zu!

Chodzinski: aber mir steht das echt bis Oberkante Unterlippe. Weil es schon Dinge gibt, die man vor Ort entwickelt, die aber dann, wenn man vor Ort was entwickelt und es klar ist, was das ist, also welcher Zusammenhang das ist und einem sehr klar ist, wie man sich in diesem Zusammenhang verhält oder welche inhaltlichen Bedingungen in diesem Zusammenhang herrschen, welche möglichen Reaktionen dort notwendig oder verhandelt werden, dann ist es noch was anderes, aber diese Funktion, reinzugehen, zwei Sachen hinzurotzen und dann versuchen das Ding zu retten – was ja eigentlich so eine klassische Arbeitsweise ist – führt immer dazu, dass man im Endeffekt eigentlich nichts anderes macht, als das stimmig zu bauen.

Kater: Ich meine, das ist ein bißchen das Konzept von abstraktem Expressionismus, man macht irgendwo fünf Krakel und dann versucht man mal, daraus noch ein Bild zu machen.

Chodzinski: Ja. Genau. Und das geht halt immer auf Kosten von dem Erzähler. Wobei ich nicht weiß, ob das bei dir jetzt eine große Rolle spielt, ob das bei dir wirklich ein Punkt ist, der da überhaupt relevant ist, aber bei mir ist das schon relevant. Und deshalb habe ich eine Aversion mittlerweile dagegen.

Kater: Wobei ich dieses Vor-Ort-Produzieren auch für einen unpräzisen Begriff halte. Bei mir ist es halt oft so, dass ich halt mir eine Situation schaffen muss, wo ich überhaupt arbeiten kann. D.h. es geht ja gar nicht um Ausstellungsvorbereitung, oder auch, sondern meinetwegen diese Flasher-Bestückung, ich war ja nicht in der Lage, das vorher zu machen. Das hat ja nur bedingt was mit dem Ort zu tun. Also die Ortsanpassung war ja minimal, ging ja auch nicht, ich war ja komplett arbeitsunfähig. Und es ging nur in dieser Situation. Und das hat mit Vor-Ort-Produktion relativ wenig zu tun.

Chodzinski: Ja, das ist aber auch die einzige Funktion von Ausstellung, die noch akzeptabel ist, ist ja quasi der Ecktermin, den das bildet.


Schönheit und
Sinnstiftendes
Kater: Bei mir hat sich dann halt nur so zugespitzt, dass ich dann halt nicht eine Woche vorher zu hause das vorbereitet habe, sondern dass ich halt ein bißchen spät dran war. Deswegen bin ich ein bißchen skeptisch mit diesem Vor-Ort-, ich hätte diese Flasher da nicht vor Ort machen müssen. Ich meine, es hat die Dinger zwar beeinflusst und vielleicht sind die dadurch dann stimmiger geworden, aber es sind zwei Prozent oder fünf Prozent oder so.
Was mich aber interessiert, ich habe den Eindruck, dass viele Leute, die durch diese Ausstellung gegangen sind, mit eine Gefühl rausgegangen sind, och, das war eigentlich ganz schön. Man durfte sie nur überhaupt nicht fragen…

Chodzinski: ... warum.

Kater: Ja. Und ist das nicht aber auch ein legitimes Kunsterlebnis?

Chodzinski: Natürlich. Ist eine Frage, welche Kunstauffassung man hat, aber natürlich ist das legitim.

Kater: Hm. Bei mir verkehrt sich das inzwischen, also ich versuche das ja – abgesehen von einer eigenen Arbeit – auch generell zu schätzen, ist auch eine gewisse Demut vor dem Bilde oder vor diesem Erleben. Dieses einfach nur „hat mich irgendwie bewegt, war schön“, dass ich das als Qualität versuche, zu schätzen und nicht so irgendwie „Arschloch“ schreie.

Chodzinski: Ja. Im Sinne von Bildproduzenten, klar. Das ist in Ordnung.

Kater: Weil was schön ist und ästhetisch ist, Schönheit hat ja auch immer was mit sinnvoll zu tun, mhm. Es gibt bestimmte Regeln oder Ablesbarkeiten.

Chodzinski: Also sinnvoll im Sinne von „Sinne“.

Kater: Alle Sinne voll.

Chodzinski: Ja. Also von erlebbarer Qualität.

Kater: Bestimmte Regeln sind erfüllt, bestimmte Konstruktionsbedingungen, und die haben mit einer bestimmten Intelligenz zu tun teilweise.

Chodzinski: Mhm. Aber nicht im Sinne von Sinnstiftung.

Kater: Das ist ein Unteraspekt.

Chodzinski: Hoah...

Kater: Nein! Nicht dass du was ankuckst und ist sinngestiftet, sondern dass man hinter einer Ästhetik etwas sinnvolles vermuten kann, weil, was nach einem bestimmten Sinn konstruiert ist, auch oft eine ästhetische Schönheit hat. Also so rum. Wie ist das mit hinreichend und notwendig oder so? Für mich ist das tendenziell auch eine Einbahnstraße, du denkst dir was und du zeichnest dazu was und wenn du dir das nachher ankuckst, dann hast du plötzlich eine schöne Zeichnung, weil eben die Entscheidungen, die getroffen worden sind und die Verhältnisse irgendwie sich abbilden und schön sind. Während wenn du dir nicht denkst oder konfus denkst, dann kommt eine Scheißzeichnung raus. Und dann kuckst du anschließend drauf oder wer anders kuckt drauf und sieht diese eine Zeichnung und sagt, das ist aber eine schöne Zeichnung, das andere ist aber keine schöne Zeichnung. Ohne dass sich dieser Sinn erschließt, der zu dieser Zeichnung ursprünglich mal geführt hat.

Chodzinski: Ja.

Kater: Ja. Also das Ästhetische einer Zeichnung ist nicht sinnstiftend, sondern man kann vermuten, dass etwas Sinnstiftendes dahinter gestanden hat, so dass diese Schönheit möglich wurde, oder halt eine gesellschaftliche Konvention oder weiß der Geier.

Chodzinski: Da ist jemand, der lebt sich aus.

Kater: Da ist jemand, der lebt sich aus?

Chodzinski: Also du hast recht mit dem, was du sagst, und es macht mich total traurig…

Kater: Wieso das?

Chodzinski: ... und ich möchte sofort alles wegschmeißen, was mit… ja. Für mich ist das echter fast Kulturpessimismus, den du da apostrophierst, weil das ist ja das völlige Akzeptieren, dass Ausstellungen, institutionell angebunden, nichts anderes sind als Kirchenersatz. Also nichts anderes sind als Ort der Heimat.

Kater: Ich denke, das ist Konsens? Also für mich ist das Konsens! Auch im Klischee, ich meine, das wird doch vorwärts und rückwärts getratscht und en Detail stimmt das größtenteils auch. Ich meine, das ist natürlich nicht nur stimmig…

Chodzinski: Ja! Du akzeptierst das so völlig affirmativ und ich habe ja vorhin versucht, die Trennung zu machen zu dem, was ich so unter kultureller Produktion und künstlerischer Produktion verstehe. Und das ist eben Teil von kultureller Produktion und das kann man durchaus machen, aber…

Kater: Ja, aber die kulturelle Produktion ist doch nicht im Museum das Bild, sondern die kulturelle Produktion ist doch – genauso wie bei der Kirche – das Ganze drumrum! Der Diskurs, das Verhandeln, die Symposien, die Vorträge, der Typ, der dann skatet und sagt, es ist Kunst, und die Bilder sind doch da…

Chodzinski: Aber was du eben unter Schönheit und dem Gefühl, was man aus der Ausstellung rausträgt, das hat ja nun nichts mit Diskurs zu tun, Schönheit ist ja nun…

Kater: Ja, bei Bildern geht es um Schönheit, bei Kunst geht es nicht um Schönheit.

Chodzinski: Ja, das stimmt.

Kater: Also, wenn man sich darauf einigen kann.

Chodzinski: Ja.

Kater: Aber die Frage ist, wenn ich deinen Kunstbegriff so akzeptiere, dann ist Ausstellung generell nicht Kunst.

Chodzinski: Nee.

Kater: Und das meinte ich dann aber, wiederum anders rum, Demut vor dem Bilde. Also was kann man von einem Bild schon viel verlangen! Und ich sage ja auch immer, Armin, geh in die Politik! (lacht sehr) Oder ich meine, ins Management. Eigentlich ist das Management nämlich nur eine verkleidete Politik. Oder was ist der Unterschied zwischen Management und Politik, der ist natürlich da, aber letztendlich ist eine große Verwandtschaft da. Das hat auch was mit Gestalten zu tun, das Verhandeln, Lösungswege finden, optimieren, trotzdem kann man ja immer noch sagen, man ist nicht asozial, sondern man versucht halt irgendwie für die Leute, für die man da verhandelt, also insgesamt was rauszuholen. Sobald sich das dann auffächert, kommt man doch dahin irgendwann, dass man Regierungspräsident werden muss, weil dann sagt man, okay, man sorgt für die Angestellten seines Konzerns, ja was ist mit dem Konkurrenzkonzern, was ist mit den Leuten, die Autos bauen statt Lebensmittel verkaufen, das kannst du doch beliebig auch sehen. Was ist mit den Arbeitslosen, was ist eigentlich Arbeit, das ufert doch komplett aus.
   Und dann bist du halt letztendlich bei Politik, Philosophie oder Kunst, also nach deinem Begriff ist das doch eh deckungsgleich, nicht wirklich, aber relativ verwandt. Und ich finde das ja auch alles richtig und schön – also schön jetzt in der anderen Weise – und da habe ich auch eine ganz große Sehnsucht nach. Mein Gefühl ist nur, als ich ganz mal nicht richtig aufgepasst habe, bin ich verbannt worden und ich bin nie wieder nach Hause gekommen. Und in der Verbannung ist man nicht politisch aktiv. Mehr kann ich dazu gar nicht sagen. Aber in der Verbannung kann man noch Gedichte schreiben oder Bildchen machen. Das Witzige ist nur, dass meine Art, Kunst zu machen, eigentlich was zu tun hat, glaube ich, mental… also es gibt doch zwei unterschiedliche Straftraditionen: das eine ist die Todesstrafe und das andere ist die Verbannung. In der Zuspitzung. Und ich glaube, mich trifft die Verbannung härter. Und deswegen bin ich natürlich auch verbannt und nicht tot, das ist ja klar. Das Witzige ist aber, glaube ich, auch, dass es zwei unterschiedliche Mentalitäten es Kunstmachens gibt. Wo man die Leute auch einteilen kann, und ich bin also auch im Kunstmachen eigentlich jemand, der die Verbannung mehr fürchtet als den Tod. Das ist irgendwie ziemlich absurd. Das ist eigentlich schwachsinnig, eigentlich müsste ich mich da umorganisieren. Und das Komische ist aber, dass mein ganzes Kunstverständnis irgendwie immer mehr darauf hinausläuft, dass ich das nicht abwenden kann. Das finde ich ziemlich absurd.

Chodzinski: Mhm.

Kater: Naja, war jetzt ja ein bißchen unpräzis.

Chodzinski: (rülps) Ja, hm.


Nochmal:
die leere Mitte...
Kater: Aber was sagst du denn nochmal zu dieser leeren Mitte. Da konnte ich mich nämlich mit Diana sehr drauf einigen, weil für uns beide ist dieser Viererraum relativ unwichtig, bzw. ist der Raum, wo am meisten gescheitert ist, das deckt sich ja dann wieder mit dir, wo du meinst, da wird nur was angerissen, was aber nicht ausgeführt ist. Und wir hatten da nämlich noch so was, also so ein leicht energetisches Modell, also wenn man das aufzeichnet, dass sozusagen wenn man den Vierer nimmt, der Vierer speist alle…

Chodzinski: Der Vierer ist der mit den Flashern oder was? Nee…

Kater: Nee, der Vierer ist dieser lange Raum. Sozusagen als energetisches Modell – ich weiß jetzt nicht, ob ich wirklich im Sinne von Diana spreche, aber in meinem Sinne ist das ungefähr so – der Vierer hat alle anderen gespeist und hat aber wenig zurückbekommen. Und es gibt aber trotzdem noch eine – nach meinem Empfinden – spürbare Vernetzung, auch wenn sie fast nicht benennbar ist, die nehmen irgendwie auch Bezug aufeinander, es funktioniert noch irgendwie halbwegs, dass man da zumindest noch irgendwas ahnt, so eine Verbundenheit, aber irgendwie ist der Vierer fast ausgeblutet. Und es gab andere Leute, die haben das genau andersrum erlebt, dass sie also sagen, nee, alles andere ist blutleer und alle Energie ist in den Vierer geflossen. Ich meine, das lässt sich jetzt natürlich schlecht verhandeln, das sind irgendwie sehr seltsame Kriterien. Also das deckt sich z.B. dann auch wieder für mich mit diesem Bild „leere Mitte“.
   Und der Vierer ist ja auch der Raum, der permanent aufgeschoben wurde. Den habe ich ja immer aufgeschoben. Ich habe ja an dem Vierer fast nicht gearbeitet, also in diesem langen Raum, ich habe den ja immer aufgeschoben, ich habe immer lieber alle anderen Sachen gemacht. Immer darauf gehofft, wenn ich in den anderen weiter bin, dann weiß ich auch wieder mit dem Vierer, also ich habe immer gehofft, dass was zurückfließt. Naja. Also da benutze ich dich vielleicht wirklich nur, um irgendwas zu erzählen. Hm.
Und für dich war also letztendlich auch nichts Lesbares oder kein Bild da? Zum Schluss. Was es eigentlich soll.

Chodzinski: Mm. Also außer dem, was ich an Bildern bereits angerissen habe. Nö.

Kater: Mhm!

Über das Verteilen
von Arbeit
   Und da hast du noch irgendeinen Vergleich zu Xyz gezogen, den musst du mir nochmal… ganz am Anfang des Gesprächs

Chodzinski: Ja, dieses Verteilen der Arbeit, das war bei dir nicht so extrem wie es bei Xyz ist, aber…

Kater: Was meinst du mit „Verteilen der Arbeit“? Was ist das?

Chodzinski: Also so sehr stark die kuratorische Hilfe einfordern.

Kater: Wie, dieser Tisch von Xyz ist eigentlich gar nicht Xyz's Tisch, sondern da hat ihm jemand den hingestellt, oder wie?

Chodzinski: Nein, also so grob wusste er das, er will hat diese Böcke so und will halt so einen Tisch und will halt diese Videos zeigen so, aber wie das dann im Raum steht oder dass das gebaut wird, oder welches Wort denn nun in der Wand verschwindet, ob eines in der Wand verschwindet, wo denn diese früh-auf-Kaffee-Dinger hinkommen, wie denn diese Dinger dadrauf liegen, das sind eigentlich alles eher Sachen, die dann in so einem kuratorischen Dialog passiert sind mit den Leuten, die da mitgemacht haben.

Kater: Wie, die da auch aufgebaut haben?

Chodzinski: Ja, Xyz kommt ja mittlerweile immer mit so einer ganzen Crew von Leuten, die seine Arbeit machen sozusagen.

Kater: Nicht Mitbewerber, sondern…

Chodzinski: Nein, quasi Diana und Armin hat Xyz auch, bloß drei- oder viermal.
   So, dann sitzt einer zu hause und macht quasi die Heftproduktion fertig und telefoniert und kommt dann dahin und so. Das Erstaunliche, was ich total ähnlich fand, was mich ja tendenziell immer aufregt, weil ich da anders, ganz anders strukturiert bin, ist ja diese Sache, dass es bei Xyz die Situationen gab, wo ich dann definitiv gehen musste, wo Xyz dann da sitzt und sagt so: Tja, ich muss jetzt erstmal was essen und so und ganz ruhig wird und dann so ein interessantes Gespräch verfolgt und mit einem redet und sagt so, ja, ich muss das noch kopieren, wenn ich das heute fertigkriegen will, ja, das ist jetzt sechs, ja bis um halb acht hat der ja noch auf und ich brauche da `ne halbe Stunde hin, und bis er dann diese Zeichnung anfängt bedarf es dreier Leute, die dann schon anfangen zu bauen quasi und sagen, so komm, Xyz, also jetzt mach mal die Zeichnung, sonst kriegste hier datt Ding nicht fertig, aber währenddessen schon anfangen, zu bauen. Obwohl das gar nicht ihr Job ist. Sondern weil sie das nicht aushalten, dass dort jemand steht und eigentlich denkend Zeit verbraucht. Und dieses Sache, dass das fertig ist letzten Endes, eigentlich nur daran liegt, dass es da andere gibt, die einen peitschen. Und das war jetzt in Hannover nicht ganz so, da habe ich es auch selber nicht so miterlebt, aber das war in anderen Situationen, wo ich bei dir auch häufig das Gefühl habe, dass es genauso funktioniert. Also dass du dich genauso hinsetzt und auch genauso gerne dann irgendwie noch ein Gespräch weiterführst und dann quasi so erkenntnisorientiert das auch so entwickelst und eigentlich dann aber immer jemand kommen muss, der dann sagt, ja nun (klopf, klopf, klopf), also jetzt!

Kater: Ist das aber nicht eigentlich eine ganz sinnvolle Arbeitsteilung? Weil, wenn einer das alleine regelt, dann wird es oft schwächer, als wenn man das aufteilt. Tendenziell.

Chodzinski: Ja, natürlich ist das sinnvoll.

Kater: Was regt dich dann da so auf?
Weil du eine Sehnsucht hast, das alleine zu verantworten.

Chodzinski: Nee, ich habe keine Sehnsucht, ich verantworte es einfach alleine. Und scheitere damit.

Kater: Aber ich meine, Arbeitsteilung ist doch nun was, was du auch predigst, oder? Also jetzt nicht im Künstlerischen, aber im Gesellschaftlichen, also wie so Arbeitsläufe funktionieren. Also Management ist doch Arbeitsteilung.

Chodzinski: Nein! Das ist überhaupt nicht ein Aspekt, der irgendwie jetzt so allgemein verhandelbar ist, mit gut und schlecht, sondern das ist einfach nur eine Strategie oder eine Auffassung, die ich sehe, die mich in gewisser Weise neidisch macht, weil sie immer auch diesen Aspekt hat, dass da jemand etwas durcharbeitet. Was immer so eine gewisse „ich verliere das Ziel aus den Augen“ ist immer auch eine Form von „ich verfange mich in Detailbereichen“, was aber auch immer natürlich die Qualität hat des wirklich Durcharbeitens. Was eine totale Qualität hat, was mich nur tendenziell total aufregt.

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