Projekt Nr. 20
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Der Zeichnungsgenerator – Gespräch: Gabriele Mackert / H. Kater
Sylvester 2001/2002, Wien
Teil 3
Teil  1  2  3  4
Material:
- Ausstellungskonzept
- Rundgang durch die Ausstellung
- Die Räume von Hannes Kater
Gespräche zur Ausstellung:
Bjørn Melhus (2. Künstler)
Diana Dietz (Assistenz)
Silke Boerma (Kuratorin)
Armin Chozinski (Helfer)
Gabriele Mackert (Autorin)
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Foto von
Gabriele?

Zweite Gesprächsrunde:

G: Also mich würde ja schon noch interessieren zu erfahren, was das ist, diese Idee mit dem Foto.

H: Ah, das Foto, genau. Also ich habe ein Bild, eine Vision im Kopf und das ist sozusagen eine zweite Version oder eine Überarbeitung dieses Teils mit einem anderen Umgang mit Text und Bild, sehr viel dichter, sehr viel mehr Sprache, sehr viel mehr Überlagerung, auch visuell, mehr Pfeile, Worte, Erklärungen, Benennungen, auch aus Auf- und Abbauphasen und vor allen Dingen auch mit den Räumen von Björn dabei. Und ich habe ein Bild, dass also dieser Text, den es da von dir gibt, dass ich den eigentlich, ja, gerne kommentieren würde mit so einem Bild von dir in Wien, wie du da in dieser Mauttnergasse stehst, und dem McDonald's-Teil und ansonsten…

G: Aber… wieso?

H: Weil ich da Freude dran habe, also ich kann das nicht direkt benennen. Ich habe Freude an diesen alten Bildern, wo halt in den zwanziger jahren Leute in Wien oder Paris oder Berlin in langen Wintermänteln irgendwo stehen und sich fotografieren lassen, auf der Straße. Und sie stehen da so und lassen sich fotografieren. Damit verbinde ich was, ein bestimmtes Denken, auch vielleicht eine bestimmte rückgewandte Sehnsucht und irgendwie hat dieser Text für mich damit was zu tun, mit solchen Bildern. Ich weiß nicht, wie ich das genau erklären kann…

G: Weil das so was Nostalgisches hat im Prinzip.

H: Nicht wirklich, nein, also für mich hat der Text ein Aspekt, den ich eher wiederfinde in solchen Bildern als in einem… du hinter einem Laptop sitzend, also wenn ich das bebildern möchte.

G: Aber es gibt erstaunlich viele Fotos von mir, das habe ich letztens wieder gesehen, als ich die Kiste durchgegangen bin, von mir am Computer, an diesem Tisch sitzend, seit Jahren, auch vor dieser Bücherwand, weil die ja seit Jahren, seit Jahren ist diese Konstellation eigentlich gleich. Als Armin und Meike auch kamen, haben sie auch sofort gesagt, das ist wie Braunschweig hier …

H: Jaja, dieser Tisch ist auch der Braunschweiger Tisch, oder? Und das Zimmer ist auch von den Proportionen relativ ähnlich – schon!

G: Ist kleiner...

H: Das ist kleiner? Ich finde es einen großen Unterschied, ob man sich vor einer Bücherwand fotografieren lässt oder hinterm Computer oder auf der Straße!

G: Logisch.

H: Und der Wintermantel ist auch noch mal was anderes, also man ist irgendwie draußen in der Kälte und trotzdem Teil von was, ich kann's nicht genau erklären… müsste lange drüber nachdenken.

G: Schon, aber der interessante Punkt für mich ist ja, dass ich von mir aus würde nie auf die Idee kommen, ein Bild von mir in einen Katalog zu geben.

H: Ja ich tu ja auch kein Bild von mir rein, höchstwahrscheinlich. Also ich mache Zeichnungen von mir rein.

G: (lacht) Aber du benutzt mich, und zwar in einer, weiß ich nicht, in einer starken Fotopose, die all diese Assoziationen, die du beschrieben hast, die da mitspielen, wo ich mir aber von denke, dass es eigentlich für mich als Person womöglich die falsche ist, weil ich mir in so einer Pose dann verloren vorkomme.

H: Da müssen wir mal das Bild abwarten(?), das Bild wird einfach ganz… es wird nicht besonders gut sein, befürchte ich, und das ist auch okay. Eigentlich geht es um eine Erzählung, also die Hoffnung ist – und ich weiß auch nicht, ob ich das jemals zu einem Abschluss bringe, weil diese Gefahr des Ausuferns, des Nichtzusammenkommens ist einfach schon da – aber eigentlich will ich eine Art Bild kreieren, so mit dem Gesamtprojekt. Und ich habe bestimmte Bausteine, die mir so vorschweben. Bevor ich hier war, hatte ich nicht die Vorstellung, dass das bei dir ein Bild wäre als Ergänzung oder Kommentar. Und als ich dann hier war, fand ich das plötzlich sehr schlüssig. Du bist ja auch eh schon in dieser ersten Publikation die einzige, die wirklich mit einem Text vertreten ist. Weder Silke, noch Armin, noch Diana sind ja irgendwie textlich da, da macht es schon Sinn mit denen zu reden.


Entstehung
des
Katalogs
G: Wie kam das eigentlich?

H: Wie? Dass ich mit denen rede?

G: Nee, dass das der einzige Text ist.

H: Wie das kam? Na das war… also ich wollte keine Einleitung, ich wollte kein Vorwort und ursprünglich die Idee war ja, dass es ein rein visuell argumentierendes Teil ist. Und das verknüpfte sich dann noch mit der Idee, dass halt dieses ursprüngliche Buchprojekt, was ja noch mal anders war, dass das irgendwie nicht stattfindet, sondern irgendwann kam ich auf die Idee ich wollte diese Ausstellung und diesen Rundgang, den es da gab durch diese Ausstellung, zeigen und das einfach nur phänomenologisch sozusagen, nur vorführen, in der Hoffnung, dass sich irgendwas davon, dass da irgendwas erfahrbar ist. Und da war halt eine Entscheidung, dass ich die Räume von Björn nicht reinnehme, das war höchstwahrscheinlich eine Fehlentscheidung, aber wenn dann… also ich wollte halt auch mit ganzseitigen Fotos operieren und die Räume von Björn hätte ich nicht ganzseitig bringen wollen und da habe ich entschieden, dass ich sie gar nicht bringe und ich wollte keinen Text schreiben. Es gibt ja am Anfang so eine Art Übersichtsplan über die Räume und wenn man sich Zeit nimmt, kann man probieren, das sich zu erschließen, das tut nur eigentlich, glaube ich, keiner. Und ich hatte halt die Hoffnung, dass die Räume so unterschiedlich sind, dass das halt relativ komplex ist, ist egal, es ist ein relativ verunglücktes Teil letztendlich.

G: Der Katalog?

H: Ja, was so eine Systematik betrifft und dass der funktioniert.

G: Aber welche Ebene hat überhaupt der Katalog in diesem Konzept des Ausstellens?

H: Eigentlich erstmal… ich meine, der ist ja nachgereicht. Er hat das, dass er bestimmte Sachen verweigert wie Vorwort und so ein Kram, also er ist bockig. Dann tappt er in die übliche Falle, die letzte Arbeit wird am konsequentesten, am breitesten vorgeführt und damit eigentlich zu viel vorgeführt, also das ist die typische Falle. Also damit hat er mit der Ausstellung zu tun und es ist halt ein Sichrantasten wie man so was in eine Publikation überführen kann und das dauert und da bin ich extrem langsam, also direkt mit der Ausstellung hat der nichts zu tun. Ist eher immer das Scheitern… diese Erfahrung, die man in den Räumen macht irgendwie abzubilden, das habe ich noch nie für mich sinnvoll lösen können, also es hat noch nie geklappt.

G: Du willst das Scheitern abbilden in den Ausstellungen…?

H: Nein! Nein, um Himmels Willen, nein, ich hätte gerne diese Erfahrung in einem anderen Medium, also dem Medium gerecht oder der Sehnsucht oder der Thematik oder was mich da umtreibt, was ich teilweise für mich realisiert sehe in bestimmten Räumen, die ich für nicht ganz mißraten halte. Das schaffe ich nicht in der Dokumentation rüberzutransportieren oder eine neue Form da zu finden, das ist mir bis jetzt nicht gelungen. Und ich will das nicht abbilden, dass mir das nicht gelingt, sondern es ist einfach nicht gelungen.

G: Wieso gibst du diese Aufgabe nicht einfach ab?

H: Das hatte jetzt in dem Fall relativ konkrete Gründe, das war eine Geldfrage auch. Das hätte mindestens 5000 Mark gekostet, einen Grafiker zu bezahlen für so was und 5000 Mark wäre eigentlich zu wenig, eigentlich ist das ein Job, der noch größer ist, also 64 Seiten zu machen, Druckbetreuung, das sind mindestens 5000 Mark, mehr eigentlich, also 5000 Mark wäre ein guter, sehr preiswerter, soweit ich das einschätzen kann, ich kann mich jetzt auch irren, also ich weiß, dass Sachen, die 30 Seiten haben und kleiner sind, die kosten 4000 ohne Druckbetreuung. Einmal gab's kein Geld, bzw. ich habe gesagt, ich mache halt ganz viel Farbe und mache ganz viel dick und dafür spare ich einen Grafikdesigner, ich hätte dünn machen können und es abgeben können. Und ich habe selber keine Vorstellung gehabt, wie es geht. Also wenn ich eine Vorstellung gehabt hätte, wie es geht, hätte ich es ja jemandem erzählen können, der es dann gemacht hätte und dann noch mal, weil es ein fremder Blick ist, noch mal besser gemacht hätte, aber ich hatte überhaupt keine Idee, letztendlich.

G: Aber das hätte sich der Grafiker ja überlegen können. Oder die Kuratorin. Ist klassisch die Aufgabe von Silke.

H: Ja, das war in dem Fall dann noch mal schwierig.

G: Nee, aber das ist so.

H: Ich weiß nicht, höchstwahrscheinlich habe ich das auch nicht signalisiert, ich glaube, ich habe Silke schon signalisiert, lass man, ich mach' das schon irgendwie und ich habe ja schon die Hoffnung gehabt, dass ich was hinkriege, eigentlich.

G: Und sie hat das einfach akzeptiert.

H: Also, wir haben darüber gesprochen, also jetzt nicht direkt über den Katalog, aber bei der Ausstellung und da meinte sie schon, dass es halt eine spezielle Situation gewesen sei, weil wir halt Stipendiaten seien und dass halt auch weil wir Stipendiaten seien, wir das Privileg gehabt hätten, uns um alles zu kümmern, also wir haben Kostenvoranschläge gemacht, wir haben mit den Leuten verhandelt und dass eigentlich wir sozusagen uns freuen durften, das hätten machen zu dürfen, damit wir was lernen. Und dass sie sich eh sehr zurückgehalten hätte. Und dass das ja kein Projekt vom Kunstverein ist, sondern man ist halt einfach als Stipendiat ist man da halt, also man ist sozusagen nicht ausgewählt. Es gibt also kein persönliches spezielles Interesse, irgendwie. Sie hat das sehr, sehr… wie sagt man das, diplomatisch? Formuliert, war da auch nicht aus der Reserve zu locken. Eigentlich, also nach meinem Eindruck. Ja.
Also ich habe dann sehr viel drüber geredet, ob sie nervös gewesen sei, ob sie Angst gehabt hätte, weil die Ausstellung ist ja sozusagen… hat sich ja immer wieder geändert, also das ganze Konzept von Björn und mir. Sie hatte ja relativ wenig Kontrolle, also sie hat sich schon auf was eingelassen, was sie, glaube ich, sonst in der Form nicht tut, aber sie meinte von vornerein okay, es sei halt eh nicht ihr Ding gewesen und von Berg war's das schon gar nicht und auf der anderen Seite hätte sie uns dann auch soweit über den Weg getraut , dass sie gedacht hat da kommt schon irgendwas bei rum.

G: Und das hat sie im nachhinein dann auch so gesehen.

H: Also die Ausstellung fand sie, glaube ich, okay. Hat sich da indifferent positiv geäußert, mehr oder weniger.

G: Gib' mir doch mal den Katalog noch mal. Was ist da eigentlich jetzt so groß alles verdruckt und so?

H: Na die Farben stimmen nicht.

G: Der Abbildungen.

H: Mhm. Ich meine da ist sie halt auch einfach sehr hausbezogen, das kann ich auch verstehen, also wenn sie sagt, die Räume sehen anders aus oder die Räume sahen anders aus, das ist schon nachvollziehbar. Naja und der Katalog funktioniert nicht wirklich, also der Rhythmus klappt nicht, das kommt halt noch dazu. Was ich also sehr unterschätzt habe, war, dass ich eigentlich erst am Ende der Ausstellung gewusst habe, wie man diesen großen Raum hätte fotografieren müssen oder können. Und dass halt eigentlich alle Fotos vom großen Raum eine komplette Enttäuschung sind, also nicht das einfangen und wiedergeben. Und dass z.B. der Gesamteindruck der Ausstellung war viel farbiger als das jetzt hier rüberkommt.

G: Und wieso hast du nicht einfach mal rundrum fotografiert z.B.?

H: Weil das irgendwie gähnend langweilige Ausschnitte gab. Also man hätte so eine Art Dokumentation machen können, alles einmal rundum, aber es war irgendwie, es war schrecklich langweilig. Das kuckt auch keiner an, das habe ich auch alles schon mal probiert mit anderen Projekten, das ist irgendwie nichts… das war ja so eine Mittelformatkamera, ein extra Fotograf, ne. Und mit dem dann verhandeln, nein, das geht nicht und da fotografieren wir in's Licht und das geht so nicht und das geht so nicht! Und der war, glaube ich, dreimal da und jedes mal war ich ein bißchen mutiger, ihn irgendwie zu drängen und jedes mal…

G: Dreimal!?

H: Ja.

G: Um Gottes Willen.

H: Ja, weil die erste Runde hat er komplett versaut, falsch belichtet. Dann hat er nochmal nachgemacht, mit Björn war dann auch nochmal was, dann hat er nochmal irgendwie was zum Schluss nochmal nachfotografiert. Ich weiß nicht, es war halt auch ein Lernprozess überhaupt jemandem zu sagen, mach' mal, mach' mal so und so. Und diese scheiß Mittelformatkamera, da steht's auf dem Kopf und du siehst fast nichts! Als, wenn der Raum, in dem du stehst dunkel ist, dann ist das Bild, was da im Sucher ist, derart schwach und dann steht ein Fotograf neben dir, der das irgendwie kann und der sagt, das ist schon irgendwie recht so, also glaub' mir mal. Und dann kuckst du da und sagst, ja, ich kann nichts sehen, dann gut, glaube ich dir mal. Und da der eine Raum, der so rötlich ist, also das ist der kleine Raum, der jetzt hier vor diesen Zeichnungen ist – katastrophal! Also das eine blöde Foto da ist noch das beste, was überhaupt rausgekommen ist. War unfotografierbar. Und dann war der auch so klein und dann wollte er immer keine stürzenden Linien haben und es musste alles ausgerichtet sein und weiß der Geier, es war also ziemlich… nervig!

G: Ja aber das ist immer das Problem der Fotografie.

H: Ja! Und irgendwie sieht man das dem Ding aber auch an, dem ganzen Katalog. Und da hätte man halt vielleicht einfach sagen müssen, man macht viel weniger Abbildungen oder viel kleinere, aber ich hatte so eine Sehnsucht, mal große Abbildungen zu machen. Und der Druckbogen ist halt auch optimal ausgenutzt, mehr hätte auf einen Druckbogen nicht draufgepaßt. Und das ist auch schon der extrabreite, ist also ein 72er Druckbogen.

G: Und das sind hier die Karten jetzt irgendwie.

H: Nee, das sind die Auftragszeichnungen, die Flasher sind das, also diese Präsentationssysteme.

G: Ja, aber das geht mit dem Kärtchen…

H: Jaja genau, das geht mit den Kärtchen zusammen. Also man kann da noch versuchen, den Text zu lesen…

G: Aber warum nimmst du das so rein? Weil das ist ja nun die Präsentationsweise für die Ausstellung. Im Katalog würde man eigentlich eine andere Form wünschen.

H: Ja, mach' doch mal einmal weiter. Das ist einfach das Vorzeigen wie ist die Ausstellung gewesen, das ist ja auch eine Ausstellungsdokumentation, es ist ja ein Ausstellungskatalog.

G: Also ich würde eigentlich denken, wenn ein Künstler das selber macht, dann das im Prinzip als Künstlerpublikation auffasst…

H: Ja das war ja das Handikap! Künstlerpublikation war ja gestrichen, hab`ich gesagt, schaff`ich nicht, mag ich nicht, weiß ich nicht… wollt' ich ja ursprünglich und dann habe ich sozusagen umgeschwenkt und gesagt, ich mache einen Ausstellungskatalog. Das ist ja kein Künstlerbuch mehr und das ist halt so in der Mitte hängen geblieben.

G: Aber wieso hast du dann es überhaupt noch selbst gemacht?

H: Weiß ich nicht, keine Ahnung. Also auch wegen kein Geld. Also immer noch, das war immer noch das alte Konzept, möglichst viel Seiten rausholen. Bei dem ganzen Ding ist einfach irgendwann zu wenig nachgedacht worden oder ich wollte nicht mehr nachdenken. Ich war nach der Ausstellung halt komplett alle und habe dann halt angefangen, Fotos zu machen und dann diesen Katalog aus dem Boden zu stampfen. Und da ist dann ja auch aus dieser Erschöpfung heraus so ziemlich alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte. Das läppert sich dann so zusammen.

G: Hast du eigentlich das mit der Fußnote weggelassen, war da nicht eine Fußnote?

H: Nee, war keine Fußnote. Da hast du irgendwann mal entschieden, dass es keine geben soll.

G: Aber es gab doch diesen Zusatz von wegen auf welchen Gedanken es zurückgeht und so?

H: Wie? Jetzt weiß ich nicht was du meinst.

G: Oder war das ein anderer Text?

H: Ich weiß echt nicht was du meinst. Irgendwann wurde nur mal verhandelt, ob man so einen Quellenhinweis machen soll auf Foucault oder sonstwas und dann meinten wir, nö, das sei irgendwie überflüssig, unerotisch, keine Ahnung, dann ist das weggelassen worden.

G: Ja, aber ich habe doch so eine ganz supercoole Variante davon gemacht dann.

H: Also ich kann mich nicht entsinnen. Beim besten Willen nicht. Also wir haben dir das ja auch gefaxt und du hast es zurückgefaxt als okay.

G: Jaja. Das war wahrscheinlich der andere Text, da war ich ja supercool mit den Fußnoten.

H: Aber was mich zu dem Text nochmal interessieren würde... also irgendwie kreist der ja auch sehr um so was nicht Sagbares, nicht Beschreibbares und versucht dafür auch scheinbar eine Form zu finden, indem er also auch das mit Sprache so umkreist. Moment, also es geht: “Sichtbarkeiten mögen nie verborgen sein, das heißt aber nicht, dass sie wahrnehmbar sind”, also er hat so einen merkwürdigen – ich nenne das jetzt mal ein bißchen vereinfachend und vielleicht bösartig – esoterischen Unterton oder mythischen oder mystischen und das macht ihn ja auch wirklich sympathisch und irgendwie wird das aber gleichzeitig sehr versteckt.

G: Ja weil ich glaube, dass auch so was in deiner Arbeit ist.

H: Ach!

G: Also ich versuche ja immer Texte zu schreiben, die in dem Sinne eine Atmosphäre entwickeln, die mit dem Werk zu tun hat. Also ich beschreibe ja darin nicht – deswegen habe ich dich ja gestern z.B. auch gefragt, dass ich über Kunst schreibe, also ich beschreibe ja dein Werk in dem Sinne gar nicht.

H: Ja das war ja auch so abgemacht!

G: Ja das war so abgemacht, aber ich mache das selten.

H: Ja, umso besser.

G: Aber ich versuche so eine Atmosphäre reinzubringen oder Assoziationen, von denen ich glaube, dass sie auf übertagende Art und Weise das widerspiegeln, das Sprechen über dieses Werk oder den Ansatz, den ich in dem sehe.




*  Otto Neurath, * 1882 Wien; † 1945 Oxford, Philosoph und Ökonom

**  Fritz Mauthner [* 1849 Österreich-Ungarn; † 1923 Meersburg)
H: Was mich dann interessiert ist aber, dass du ja erzählt hast, dass du dich auch mit dem Gedanken trägst, irgendwie eine Ausstellung zu machen über Piktogramm, über – wie hieß der, Neubart?

G: Neurath*.

H: Neurath und Mauthner** [* 1849 Österreich-Ungarn; † 1923 Meersburg) Philosoph und Schriftsteller] und irgendwelche Phänomene aus den zwanziger Jahren, die dich da interessieren und Sprache und ich kenne dich ja auch noch als sehr sprachinteressiert, sprachphilosophisch interessiert und irgendwie mit Signifikanten so um sich schmeißend als es noch aktuell war, im Studium, und ganz begeistert damit operierend. Und wie ist denn da deine persönliche, also ich habe jetzt gedacht, das sei auch teilweise so ein persönliches Gefühl, was du da hast, dass das also, ja also wenn du an Sprachphilosophie denkst und an dieses Projekt, was dir da vorschwebte. Ist das letztendlich… was ist das? Also, wie kommt dann so eine Bemerkung zustande, eben “Sichtbarkeiten mögen nie verborgen sein, das heißt aber nicht, dass sie wahrnehmbar sind”, also so ein Satz und deine Art…

G: Das ist eine ganz einfache logische Schlussfolgerung. Weil Sichtbarkeit ja auch damit zu tun hat z.B. so einer Auffassung, man sieht nur, was man weiß.

H: Ja okay.

G: Deswegen sind die Dinge aber sichtbar, aber nicht unbedingt für den einzelnen wahrnehmbar. Das kann damit zu tun haben, dass man in verschiedenen Lebensaltern verschiedene Sichten auf das gleiche Ding hat und plötzlich was ganz anderes drin sieht, dass eben das Sehen und das Sichbare an sich ein Interpretationsvorgang ist. Das ist in dem Sinne, glaube ich, weniger was Esoterisches, als dass es klarmacht, dass diese Dinge einfach mit einer Perspektive zu tun haben, des Blickes usw.

H: Nun ist aber eine Art Aufzeichnungssystem, was auf Piktogramm oder Ähnlichem beruht ja auch, ist das eher für dich was Sichtbares oder ist es schon soweit Zeichen – also normale europäische Schrift wirst du ja nicht unter dem Phänomen “sichtbar” verhandeln wollen, oder doch!? Also das Alphabet, diese Zeichenkette – geht`s da auch noch um Sichtbarkeit oder geht es da, wenn daraus ein Text gebildet wird, um was anderes?

G: Beim Alphabet?

H: Ja. Also mich interessiert da so eine Grenze, ob du da eine siehst, ob da was umschlägt irgendwann ab einer bestimmten Zeichenhaftigkeit.

G: Naja, die Frage, auf die du jetzt hinaus willst, ist im prinzip die des Sehens und des Lesens.

H: Ja genau.

G: Ich glaube zum einen, dass das eigentlich eine veraltete – also diese Argumentation hat eine Berechtigung – aber sie ist in dem Sinne veraltet, als dass sie an diesem sehr lange schon diskutierten Form-Inhalt-Problem hängen bleibt. Ich denke, es ist wichtig, darüber hinaus zu gehen.

H: Dann sag' doch mal was darüber hinaus Gehendes.

G: Ich glaube z.B., dass die Form auf den verschiedensten Ebenen nicht nur Inhalt ist, sondern neue Formen und neue Inhalte erst ermöglicht.

H: Ich habe zu wenig Ahnung vom Form-Inhalt-Problem, aber ich dachte, das sei so. Nicht?

G: Nee. Das traditionelle Form-Inhalt-Problem ist das mit Signifikant und Signifikat und die arbiträre Beziehung oder nicht, dieses ganze Reden darum. Aber wenn man darüber hinausgeht, glaube ich, dass es etwas gibt, dass man sich dieser Formen bedient, ohne neue zu erfinden, aber ohne auch die so standardisiert zu benutzen, sondern in einem Sinne der kreativen Veränderung.

H: Die aber noch geprägt ist von der ursprünglichen Ausgangssituation des Materials, was man da benutzt.

G: Ja, aber das es eigentlich eher um ein Abgleichen geht in dem Zusammenhang.

H: Mhm. Aber auf jeden Fall wäre dann wichtig, dass es nicht nur arbiträr ist und nicht nur Behauptung, sondern dass noch irgendwas anderes mitschwingt, was das mitprägt, oder wie?

G: Nee.

H: Sondern?

G: Nein, der große Vorteil dieser Formen ist, dass sie arbiträr sind, aber gesellschaftlich so konventionalisiert, dass sie das ermöglichen.

H: Was ermöglichen?

G: Diesen Vorgang der Einführung von Metaebenen. Also wenn du hingehst und eine Privatschrift entwickelst, dann ist der Akt ja ein ganz anderer.

H: Ich hätte die Qualität gerne noch genauer beschrieben, die du da siehst. In der nicht privaten Schrift, sondern in der gesellschaftlich vereinbarten Schrift.

G: Bei dem Punkt waren wir gestern z.B. auch, als es um Individualität und Freiheit und Privilegien und so ging, und im Prinzip geht es darum, dadurch ja ein Gegenüber zu haben und sich das nicht selbst zu schaffen. Also wenn du die Schrift selber erfindest, hast du dieses Gegenüber nicht und das hast nicht nur du nicht, sondern auch die anderen nicht.

H: Aber mich interessiert was, also ich habe auf eine ganz andere Richtung oder ganz woanders hingehört und vielleicht habe ich mich da auch wieder sozusagen verhört oder geirrt. Ich hatte dich so verstanden, dass du sagst, es gibt eine Form und einen Inhalt und dieses Form-Inhalt-Problem und es gibt diese mehr oder weniger arbiträre Zuordnung, aber eine Form würde noch potenziell eine veränderte neue Form oder eine Weiterentwicklung beinhalten. Also nicht nur auf den zugeordneten Inhalt verweisen oder diese Verknüpfung möglich machen, sondern noch irgendwas Weiteres haben, so hatte ich dich verstanden, das war irgendwie relativ diffus formuliert. Du hattest irgendwie Form-Inhalt-Problem gesagt und dann meinte ich, hey, was ist denn das und dann hast du das erklärt und irgendwas ginge darüber hinaus heute. Es gäbe diese alte Auffassung und es gäbe diese weitergehende Auffassung, die heutige Auffassung oder die neu angedachte Auffassung, wie auch immer. Und da würde ich gerne noch ein bißchen mehr zu hören.

G: Was heißt neu angedachte Auffassung, also ich sehe das eher als Phänomen, glaube ich, dass die Übernahme solcher Systeme und die gleichzeitige evolutionäre Weiterentwicklung dieser Systeme, die der Sprache insgesamt ja eh inhärent ist, die ständig passiert, dass die durch solche Bildsprachen, eben auch auf der bildlichen Ebene fortgeschrieben wird. Also nicht auf der inhaltlichen… weißt du?

H: Mhm. Also ich habe noch eine Idee, vielleicht trifft das das ja gar nicht, aber, hm, hm, hm. Also wenn man einen Zeichenapparat hat, der verabredet ist und der sich irgendwie mit Inhalten verbindet und wenn der nun in Benutzung kommt und das mehrere menschen tun, eine Gruppe tut und damit arbeitet, dann verändert sich dieser Zeichenapparat einfach in der Benutzung. Und aus irgendeinem Grund ist in diesen Zeichenapparat und dann auch in der Art, wie man es benutzt, mehr Information eingeschrieben als nur ein 1:1 Zuordnen. So hatte ich dich irgendwie verstanden, also dass sozusagen plötzlich da eine Art Wissen oder eine Notwendigkeit oder irgendwas Naheliegendes, also dass sozusagen diese Zeichnungen noch irgendwas mitprägen, was dann potenziell kommt, sich entwickelt. So hatte ich deine Formulierung am Anfang verstanden.

G: Nee. Nee.

H: Also dass so eine evolutionäre Qualität sozusagen da drin steckt und Wissen auf irgendeine Art.

G: Ja schon, aber diesen Formen wird sehr viel Aufmerksamkeit im prinzip von einer ganzen Anzahl von Künstlern gegeben und die werden natürlich als Bildsprache und in diesem Zwitterwesen von Lesen und Sehen gesehen, aber vor allem auf einer bildlichen Ebene eingesetzt.

(Unterbrechung)

Also ich glaube – und deswegen habe ich auch diese ganzen Dinger, die in dem Text bei dir drin sind – dass latent das immer mitschwingt, diese Vision nach so einer Ursprache, nach was Universellem, nach was wo tatsächlich dieses Form-Inhalt-Problem aufgelöst wird in…

H: Aber das ist doch nichts Universelles!

G: Doch, weil…

H: Nein!

G: ... die Dinge, die sich darin ausdrücken würden, ja, da hantiert man dann ganz schnell mit Begriffen wie z.B. Wahrheit.

H: Aber Wahrheit ist doch nichts Universelles.

G: Doch!

H: (schnaub)

G: Na, als Idee schon, wenn etwas wahr ist, dann ist das schon schwierig, ich meine, man kann natürlich immer sagen, dass in anderen kulturellen Kontexten usw. das nicht so ist, aber da geht es dann schon um so eine Einheit, die verloren scheint und deswegen umgibt das Ganze immer so eine sehnsüchtige Geschichte. Und das interessiert mich daran eigentlich nicht mehr, sondern das, wie man mit diesen standardisierten Sachen spielt und ich glaube eben, dass das auch sehr auf einer sehr bildlichen Ebene auch abläuft, bei sehr vielen Künstlern im Moment. Auch als Reaktion auf Bildproblematik und diese Diskussion mit Ende der Malerei und welche Bilder kann man überhaupt noch machen und Bilderflut usw., dass das eine Art von Ausweichen ist und mit sehr viel mehr Möglichkeiten wieder verbunden ist.

H: So? Siehst du da viele Möglichkeiten?

G: Schon, es ist im Prinzip schon wahrscheinlich so eine Erweiterung eines Realismus- Begriffes, weil man ja schon Formeln für, äh, oder Abbildungsmöglichkeiten benutzt, die in dem Sinne standardisiert sind, d.h. einen Code darstellen und ähm

H: Aber Gabriele, es macht doch keinerlei Sinn, eine Sprache, die eine Schrift hat, durch eine andere Schrift zu ersetzen, also ich meine, da gewinnt man nichts.

G: Aber es geht gar nicht darum, die Sprache durch eine andere Sprache zu ersetzen.

H: Oder eine Schrift durch eine andere. Was haben denn dann diese Bildsymbole für dich für einen Wert? Einfach dass sie aufgeführt werden und angeführt werden, dass ist eine Entscheidung und das ist gut so, ich meine, ich sehe den Wert dann nicht, den du da findest.

G: Von Piktogrammen?

H: Ja. Also, man kann Piktogramme nehmen, die auf Flughäfen sind und die sind mehr oder weniger verständlich und die kann man jetzt als Künstler benutzen, das ist doch gähnend langweilig, oder?

G: Wieso?

H: Ja weil spannend wird das nicht als Bild, sondern man muss das dann, also das Bild ist dann wieder, okay, dann kann man sagen, okay das eigentliche Bild ist dann im Kopf des Betrachters, weil das thematisiert irgendein Denken, aber das Piktogramm als solches ist doch gähnend langweilig, das verweist doch nur auf was. Und das Problem eines Piktogramms ist, dass es normalerweise auf Toilette oder Rolltreppe verweist und nicht auf ein bestimmtes Denken.

G: Äh, stop! Also, das ist schon ein anderes Realismus-Konzept dahinter, als wenn ich mich entscheide als Künstler für eine andere realistische Bilddarstellung.

H: Das hat mit Realismus überhaupt nichts zu tun. Erstmal.

G: Wieso nicht?

H: Nicht nach meinem Realismus-Verständnis.

G: Es ist schon was, was als Modell von Welt auf einer anderen Ebene stattfindet als Fotografie oder als…

H: Aber was hat das mit Realismus zu tun? Das ist ein… wie sagt man, wenn etwas für etwas anderes steht und wenn das klar ist, dass es eine Idee ist, ein Modell, ein Bild, ein Repräsentant für etwas. Und Realismus hat ja gerade damit zu tun, das hat ja vielmehr mit Simulation zu tun oder Annäherung, oder? Also ich male eine Pflanze so gut es nur irgend geht, das ist doch schon bei den Griechen, von wegen man kann den Vorhang wegnehmen oder die Traube, da picken die Tauben nach, das haben die Griechen ja auch verachtet, denen ging es ja mehr um die Ideen. Nicht um das genaue Abbilden, also die Maler hatten ja bei den Griechen, soweit ich mich entsinne, wenn ich da nichts falsch verstanden habe, die “realistischen” Maler hatten ja keinen guten Ruf da, das war die unterste aller Künste, soweit ich mich entsinne, ich bin mir da jetzt nicht sicher.

G: Und wieso gibt es dieses Gleichnis(?) dann?








*  "Vorhang des Pharrasios", aufge-
schrieben von Plinius dem Älteren
(23/24 n. Chr. bis 79 n. Chr.)










**  Gustave Courbet, * 1819 ; † 1877, französischer Maler, gilt als Wegbereiter des Naturalismus.
Realismus
H: Das bezieht sich auf einen angeblich historischen öffentlichen Wettkampf, der da mal stattgefunden haben soll zwischen zwei griechischen Malern: der eine malte Trauben so gut, dass die Vögel nach ihnen pickten und war sich deshalb seines Sieges so sicher, dass er, ungeduldig und unaufmerksam, seinen Kontrahenten aufforderte, doch endlich den Vorhang von seinem Bild wegzuziehen... der war jedoch gemalt und so hatte er, getäuscht, verloren.*
   Und ich glaube auch, dass das Pendel immer hin und her schwingt, es gab ja, wenn man so will, im 19.Jahrhundert hat man ja auch lange gebraucht, um die Qualitäten von frühmittelalterlichen Malereien zu sehen, nämlich dass es nicht darum ging, einen Esel so darzustellen wie ein Esel aussieht, sondern es ging darum, einen Esel zu repräsentieren und die Idee eines Esels und das ist aber nicht Realismus! Das ist was ganz anderes. Nach meinem Wissen und nach meinem Realismus-Verständnis.

G: Aha.

H: Ich weiß nicht, Realismus ist für mich eine Richtung, die irgendwie mit dem 19.Jahrhundert zu tun hat und mit Courbet** und dann gibt es noch die Naturalisten, die waren nochmal ein bißchen anders, keine Ahnung, ich weiß nicht, sage ich jetzt totalen Schwachsinn, du bist die Kunstwissenschaftlerin, du musst das ja wissen.

G: Wahrscheinlich ist das dann schon Teil der These, dass da eine neue Art von Realismus im Prinzip ausprobiert wird.

H: Nee, ist eine Sehnsucht nach einem anderen Abbilden aber es hat mit Realismus nichts zu tun, nämlich nach einem inhaltlichen Abbilden und nicht nach einem Nachahmen. Bei den Griechen war das Nachahmen ja nicht hoch angesehen, sondern es ging da um andere -und die Idee, die Idee ist wichtig oder die Ideologie, wenn du es negativ formulieren willst. Und das Problem der realistische Bilder das war, irgendwann war ja die Ideologie oder die Idee, die da drin steckte, nur noch etwas so gut abzubilden wie es irgend geht, aber es sagte eigentlich nichts mehr über das Wesenhafte, von dem, was da abgebildet wird, aus. Ging dann beim Realismus natürlich tendenziell auch noch, aber gerade weil es so viele schlechte Realisten gab, ging das relativ verloren.
   Und in der Portraitfotografie z.B. hat sich das ja erhalten, es ist ein realistisches Abbild eines Menschen, aber so gestaltet, dass der Mensch, der da abgebildet ist, kenntlich wird oder in einer bestimmten Form kenntlich wird. Man gewinnt den Eindruck, ihn besser zu verstehen, wenn man dieses Bild sieht oder man hat ein Urteil plötzlich über diesen Menschen, man denkt, der ist aber schlau oder das muss ein interessanter Mensch sein oder so. Während, wenn jemand anderes den fotografierenwürde, hätte man natürlich auch sagen können Dumpfbacke oder so, keine Ahnung. Also man kann da ja schon noch was transportieren. Aber eben die Möglichkeit, knallhart Ideen zu transportieren, die hat man beim Realismus nicht. Die hast du beim mittelalterlichen Bild. Da gibt es Bedeutungsgröße, da gibt es irgendwelche Heiligenscheine, die man doch sonst eigentlich nicht sieht, da gibt es Bedeutungsfarben und trallala. Da ist ganz viel Information drin, ganz viel Idee. Aber es ist nicht realistisch.

G: Ich habe ja auch nie davon gesprochen…

H: Ja, aber ein Piktogramm ist auch nicht realistisch!

G: Ich glaube, dass es trotzdem ein interessanter Aspekt ist im Moment, also der Realismus an sich ist ja schon ein Problem im Moment und von daher glaube ich…

H: Ja er langweilt die Leute. Nicht die, aber bestimmte Künstler langweilt er vielleicht, ein bestimmtes Publikum. Schuldigung, ja? Also er genügt nicht mehr, es verändert sich was, ein Pendel schwingt hin und her. Wenn es lange genug irgendwelche Bedeutungsblödbilder gibt, wenn es nur noch Piktogramme gibt, dann freut man sich wieder über eine naturalistisch gemalte Frau.

G: Ja, spitze, gut.

H: Immer hin und her.

G: Also haben wir ja weiter kein Problem.

H: Nein, ich meine nur, nein, ich wollte das jetzt nicht aufheben damit.

G: Aber in einer gewissen Art und Weise tust du's.
   Schau, deine Verweigerung von Räumlichkeit in der Zeichnung, die wird ja auch aufgelöst durch andere Methoden in der Zeichnung wiederum. Das ist ja auch eine Art von Verweigerung von realistischer Zeichnung, sage ich jetzt mal ein bißchen platt, und im Prinzip folgt die auch so einer Vorstellung, die z.B. in einem Piktogramm steckt.

H: Ja? Und? Also ich habe gerade das Gefühl, du hast was formuliert: wenn das so und so ist, dann… und was dann?

G: Nein, ich wollte nur darauf hinweisen, dass es im Prinzip bei diesem Problem nicht nur allein um Piktogramme geht, sondern um Verfahrensweisen der bildlichen Modellbildung oder so, die gleichzeitig bestimmte Arten von Realismus verweigert und auf der anderen Seite sehr viel Wert darauf legt.

H: Was ist denn dann die andere Seite oder wo fängt für dich da der Realismus an?

G: Der Realismus fängt z.B. dort an, wo schon z.B. ein Versuch der Klarheit zu spüren ist.

H: Und Klarheit ist Realismus?

G: (kopfschüttel?) Du kannst irgendwie…

H: Schuldigung! Ich bin nicht besonders gut drauf, ich bin nicht sehr konzentriert und ich leide darunter, auch.

G: Aber vielleicht sollten wir es jetzt dann beenden.

H: Das tut mir jetzt leid, aber an dem Punkt möchte ich es jetzt nicht aufhören, weil da ist jetzt ein Mißverständnis. Frage ich dir zu hackerig, oder wie?

G: Ja.

H: Gut, dann bin ich da vorsichtiger, versprochen.

G: Na, vielleicht sollten wir es wirklich morgen weitermachen. Ist eh okay.

weiter

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