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ÜBER KÜNSTLERISCHEN ERFOLG
Auszüge aus dem Buch  Bis man mir Scherben auf die Augen legt. All das Vergangene... von Manès Sperber, München 1982


Das
wertvollste Ergebnis, das sich gleich nach dem Erscheinen des Verbrannten Dornbusch einstellte, war die Freundschaft einer wachsenden Zahl von Menschen, hauptsächlich von Schriftstellern. So glich mein Eintritt in die Literatur der Aufnahme in einen Orden.

Um es gleich zu sagen: Ich bin besonders
gerne mit Schriftstellern zusammen, am liebsten mit solchen, deren Talent mich beeindruckt, aber auch mit anderen, sofern sie ihre Freiheit als Autoren bewahren, so daß Schöpfer und Werk authentisch bleiben. Doch befinde ich mich am Rande ihres Kreises, was nicht nur daran liegt, daß ich mich recht spät zu ihnen gesellt habe, sondern viel mehr daran, daß die psychologische Vergangenheit an mir klebt wie die Kutte an einem Mönch, der sich ihrer längst entledigt hat.

Ich nehme das Schreiben so ernst wie das Leben und die Drohung des Todes, denn ich bleibe dessen stets gewahr, daß alles künstlerische Schaffen, besonders aber jenes des Dichters, den ganzen Menschen auf die
Probe stellt: sein Wesen, sein Wissen und sein Bewußtsein, seine innere Wahrhaftigkeit ebenso wie seine nicht überwundenen Schwächen.

Ist dies zu hoch gegriffen oder jedenfalls zu ernst, so wirkt die andere, gleichsam von einem künstlichen Mondlicht erhellte Seite des schriftstellerischen Unterfangens um so frivoler: Hier entdeckt man seine übertriebenen Prätentionen und zugleich das Aleatorische und das Ungefähre, das auf die Dauer auszuschalten niemals ganz gelingt.

In Wahrheit stellt der Autor an sich selbst und an seine Leser den Überanspruch, jedes neue Werk als ein
neues Beginnen und gleichermaßen als eine letzte Vollendung anzuerkennen. Dieser maßlose Anspruch verrät, wie wenig er des eigenen Urteils und des Urteils der anderen sicher ist.

Denn es ist nicht Selbstsicherheit und nicht das Zutrauen zu einer ererbten oder errungenen Gewißheit, die zum Schreiben drängt, sondern fast immer eine unerträglich gewordene alte oder neue
Ungewißheit, die zuweilen schmerzlich empfundene Notwendigkeit, mit sich selbst ins Reine und so endlich zu sich selbst zu kommen.
[...]

aus:
Bis man mir Scherben auf die Augen legt. All das Vergangene... von Manès Sperber, München 1982


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